Was ist Nehrung, was ist Haff

natur reisen Dec 12, 2019

 Die Natur der Kurischen Nehrung

Die Schönheit der Kurischen Nehrung erschließt sich dem Wanderer am Ostseestrand oder dem Radfahrer am Kurischen Haff. Die Nehrung wünscht sich Zeit zum Kennenlernen, sie möchte erobert werden, nur dann zeigt sie ihren Reiz. Wer blöden Auges vorüberzieht, der sieht rechts und links nur Wald. 

 

 

Die Wortherkunft Nehrung ergibt sich aus dem altpruzzischen Wort „neri“, was so viel wie aufgeworfenes Land bedeutet. Der lange Sandzopf in der Ostsee entstand aufgrund der Brandung der Ostsee, welche Sand auf den Strand warf, der vom Wind getrocknet und weitergetragen wurde. Durch die West-Ost-Strömung lagerte die Ostsee die an der samländischen Küste fortgespülten Sandmassen bei Sarkau/ ehem. Cranz und der Insel bei Rybatschi/ ehem Rossitten bis hoch nach Klaipėda an. Durch diese Strömungsphysik wächst die Küste der Nehrung heute noch um ca. 4 bis 6 Meter im Jahr. Im Norden bei Klaipėda befindet sich der Zu- bzw. Abfluss des Haffs, welches selbst süßwasserhaltig ist und von dem Fluss Nermunas/ ehem. Memel gespeist wird. Ohne diese Öffnung zur Ostsee wäre das Haff heute wohl bereits ein Moor. Auf der gegenüberliegenden Seite der Nehrung, auf der Landseite, befindet sich das Nermunas-Delta, welches sich durch zahlreiche kleine Flüsse und Kanäle auszeichnet. Die sich im Delta befindenden Bewohner leben nach wie vor vom Fischfang und sind das teilweise raue Wetter, das vom Haff aus auf das Land trifft, gewohnt. Denn das harmlose anmutende Haff wurde schon von manchem Fischer unterschätzt. Das Klima an der Ostsee sorgt für schnelle Wetterwechsel, die auf dem großen Haff schnell gefährlich werden können.  

 

 

Start auf die Nehrung – vom Süden aus

Die Nehrung selbst erstreckt sich über knapp 100 km, wobei die engste Stelle in der Nähe von Lesnoje/Sarkau und die breiteste bei Rybatschi/Rossitten ist. Möchte man auf die Nehrung, so hat man ein kleines Eintrittsgeld zu entrichten, das zur Unterhaltung der Nehrung als Weltkulturerbe und zum Naturschutz dient. Auf beiden Seiten der Nehrungsstraße werden die Kilometerzahlen angezeigt, wobei sich bei Rybatschi/Rossitten die 50 Km-Marke befindet. Der lange Land-Zopf hat zur See einen Sandstrand und zum Haff ein Ufer. Von bestimmten Parkplätzen aus, die sich nach der Zahl der Nehrungs-Kilometer orientieren und danach gefunden werden können, können Ostseestrand, Dünen, Museen, die Vogelwarte oder das Haff-Ufer erreicht werden. 

 

Nachdem man den Schlagbaum des Kontrollpostens im Süden der Nehrung passiert hat, zieht sich auf der rechten Seite, der Haff-Seite, zieht sich ein eindrucksvolles Forstgebiet, der sog. „Königswald“ in welchem früher zur Jagd gegangen wurde, entlang. Entlang der alten Poststraße passiert man das kleine Fischerdorf Lesnoje/ehem. Sarkau und gelangt zur schmalsten Stelle der Nehrung. Am 18. Januar 1983 sorgte ein Orkan dafür, dass dieser schmale Abschnitt überspült und der nördliche Teil der Nehrung zur Insel wurde.  

 

In nord-östlicher Richtung werden das Nehrungsmuseum und die Vogelwarte in Polewoi/ehem. Fringilla zu neuen Zielpunkten. Vor allem die Vogelwarte nimmt eine historische und naturkundliche Sonderstellung ein: Seit 1901 arbeitet die Vogelwarte zur Erkundung des Vogelfluges. Hier wurden die ersten Beringungen weltweit vom Ornithologen Johannes Thienemann vorgenommen, um die Fluglinie der Zugvögel nachvollziehen zu können. Ein Praxis, die heute mit Sendern weitergeführt wird und die zum allgemeinen Verständnis der Zugvögelbewegung und auch des Klimawandels beigetragen hat. Besonders eindrucksvoll sind die großen Fangnetze, die aus der Ferne wie Zirkuszelte wirken. Sehr liebenswert wirkt die Arbeit der Ornithologen, die zur Universität St. Petersburg gehören. Vor allem der Buchfink genießt besondere Aufmerksamkeit und war zu früheren Zeiten Namensgeber der Vogelwarte, Fringilla Coelebs. 

Meister Epha und die wandernde Düne

Das größte Dorf im Südteil der Nehrung ist Rybatschi/ ehem. Rossitten, welches durch einen rechten Winkel der Straße durchfahren wird und ehemals ein großes Fischerkombinat war. Nach Verlassen des Dorfes und passieren einer als Schloss gestaltete Tankstelle wird der Name des ehemaligen Forstmeisters Franz Epha mit der Epha-Düne gewürdigt. Die Epha-Dünen ist die größte Düne auf der Nehrung und stellt neben der Vogelwarte die zweite historische und natürliche Besonderheit der Nehrung dar. Da sich die Düne ohne weitere Befestigung „bewegt“ wie Schneewehen im Gebirge, musste sie durch Aufforstung befestigt werden, um die nördlich liegenden Dörfer nicht zu verschlucken. Der Forstmeister Franz Epha bemühte sich als erster um die ausreichende Bewaldung dieser Sandlandschaft. Heute lässt sich das Naturschutzgebiet Epha-Düne per befestigtem Holzsteg besteigen und bestaunen. Der Ausblick erinnert an eine Wüstenlandschaft und wurde nicht umsonst zu deutschen Zeiten die „Preußische Sahara“ genannt. Sowohl das Haff als auch die See ist von der Aussichtsplattform zu sehen und man bekommt einen Eindruck über den Reiz der Landschaft. Auf dem Weg zum Aussichtspunkt kann man Bäume sehen, die vom sich bewegenden Sand langsam verschluckt werden. 

Auf dem weiteren Weg auf der ehemaligen Poststraße gelangt man letztendlich zur Russisch-Litauischen Grenze, welche die Nehrung politisch zerteilt. Kurze Zeit später erreicht man auf litauischer Seite das Fischerdorf Nida/ ehem. Künstlerkolonie Nidden. Im Süden des Dorfes grenzen die Sandmassen der Dünen. Wie überall auf der Südküste der Baltischen See gibt es auch hier eine ausgeprägte Bernsteinkultur, der an vielen Stellen zu kaufen ist. 

 

Vor der Einfahrt nach Juodkrante / ehem. Schwarzort, ein Dorf in dem früher Bernsteingewinnung betrieben wurde, findet man einen Wald mit altem Baumbestand vor. Eine Besonderheit dieses Waldes ist der Gang über den Hexenberg. Dort sind erschaffen von litauischen Holzbildhauern Skulpturen aus der Mystik der Litauer zu sehen. Der ehemalige Abbau von Bernstein hat eine eindrucksvolle Promenade am Haffufer ermöglicht. 



Angekommen in Klaipeda

Ein paar Kilometer weiter nördlich ist man nach kurzer Fahrt bereits am Fährbergang zum Hafen nach Klaipeda/ ehem. Memel, der Kopgalis bzw. der Süderspitze. Hier gewinnt man einen Überblick auf den litauischen Hochseehafen mit seinen Anlegern und Werften. Der Hafen stellt auch den Ab- und Zufluss des Haffs dar. Ohne die zuverlässige Wartung der dort ansässigen Menschen wäre das Haff im Memeler Tief durch den von der Strömung angetragenen Sand längst verlandet.  

 

Bei der Fahrt über die Nehrung fällt immer wieder der Elch als Wappentier auf, dies nicht ohne Grund. Als scheues Tier treibt er sich immer noch auf der Nehrung herum, wird aber äußerst selten gesichtet. Dagegen haben sich heute Wildschweine teilweise sogar als Verkehrshindernis breit gemacht. Die Besonderheit der Nehrung ist, dass sie neben dem Meer und dem Haff als Anlaufpunkt für Meereserkundung auch ein Waldlehrpfad ist. Hier vereinigt sich Land, Sand und Wasser. 

 

Literaturhinweis: 

  • Sietz, Henning: Kurische Nehrung, Laumann-Verlag Dülmen 1996, S. 11 – 121. 
  • Hennigfeld, Tympner

Tragt euch ein, um die neuesten Blogposts zu bekommen

Ja das möchte ich
Close

50% abgeschlossen

Danke bitte noch ein Schritt!

Trage Dich hier ein, um die neuesten Blogposts zu lesen und Informationen zu interessanten Angeboten zu bekommen. Kein Spam! Versprochen!