Wenn das Leben mit der Geburt beginnt und mit dem Tod endet, so darf man diese Regel auch auf die Existenz einer Stadt übertragen. Mit Ende des Zweiten Weltkriegs hörte die Stadt Königsberg auf zu bestehen. Neben der Namensänderung war auch nicht mehr viel von der Substanz der Stadt übrig. Stellvertretend für die historische Vergangenheit des heutigen Kaliningrads steht der wieder errichtete und renovierte Dom, der in den Jahren 1330 bis 1380 von Ordensrittern errichtet wurde, in der Mitte der Stadt. Die Architektur sticht aus dem übrigen Stadtbild heraus – Elemente der Romanik und Gotik bilden das typische Aussehen des Kirchengebäudes.
Die historische Stadt Königsberg wird heute meist in Verbindung mit dem Philosophen Immanuel Kant gebracht. Allerdings muss die Stadt eng mit dem Aufstieg des der Herzogtums Preußens und der Gründung eines deutschen Nationalstaates gesehen werden. Die Verfolgung machtpolitischer Ansprüche Preußens und die weitere Entwicklung hin zum Kaiserreich unter Wilhelm I und später zum Dritten Reich beginnt in Königsberg.
Preußen war zunächst ab dem Beginn des 17. Jahrhunderts ein Teil einer Personalunion mit der Mark Brandenburg, einem Kurfürstentum, geführt vom Adelsgeschlecht der Hohenzollern und kein eigenes Königreich. Ein Aufstieg zum Königreich war von den Königen und dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches abhängig. Die Kurfürsten des damals bestehenden Heiligen Römischen Reiches unterstanden dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und wählten diesen im Reichstag, der zuletzt immerwährend in Regensburg stattfand. Da die Hohenzollern aber royale Bestrebungen verfolgten und einen eigenen Königstitel erlangen wollten, mussten sie sich etwas einfallen lassen. Denn die Könige bzw. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches hätten einem Königtum innerhalb des Heiligen Römischen Reiches aus Angst vor Machtverlust natürlich nicht zugestimmt.
Hier kam die besondere Stellung Königsbergs ins Spiel. Da Königsberg außerhalb des Heiligen Römischen Reiches lag, konnten die Preußen ihren Anspruch auf einen Königstitel begründen. Der Brandenburgische Kurfürst Friedrich III krönte sich selbst – ein absolutes Novum – zum König des Herzogtums Preußen und wurde im Jahre 1701 zu König Friedrich I.
Dabei konnte er nicht König von Preußen werden, was u.a. damit zu tun hatte, dass der Name Preußen sich auch auf Teile Polens bezog. Auch die Mark Brandenburg war noch Teil des Heiligen Römischen Reiches. So nannte sich Friedrich König in Preußen – neben dem schlitzohrigen Schachzug mit der Krönung außerhalb des Reiches ein weiterer Schritt, der Preußen die Königskrone sicherte. Durch die Selbsterlangung der Königswürde im östlichen Preußen wurde folgend das dazugehörende Brandenburg auch unter dem „Label“ Preußen geführt. Zunächst musste Friedrich I. allerdings aber akzeptieren, dass sein Königreich nur das spätere Ostpreußen und zunächst nicht das dazu gehörende Brandenburg umfasste. Er erreichte so, dass der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches ein Königreich außerhalb des Reiches akzeptierte. Später, nach der Annexion der polnischen Teile Preußens im Jahre 1772, wurde der König in Preußen zum König von Preußen. Nach Zusammenbruch des Heiligen Römischen Reiches entstand unter Einbezug des westlichen Brandenburgs dann das, was man später als Preußen mit seinen Provinzen West- und Ostpreußen kennen sollte.
Jeder, der einmal versucht hat, die Geschichte Preußens nachzuvollziehen, hat sie wahrscheinlich nicht beim ersten Ansatz sofort durchdrungen. Allein die wiederholend auftretenden Namen wie Friedrich und Wilhelm machen die geschichtliche Abfolge mehr als undurchsichtig. Kommen noch politische Schachzüge hinzu, die lediglich die Änderung eines „von“ zu einem „in“ bedeuten, macht es die ganze Sache nicht leichter.
Natürlich gilt immer noch der Satz: Königsberg/Kaliningrad ohne Kant ist unmöglich – und umgekehrt. Der bodenständige Ostpreuße verließ seine Heimatstadt nicht ein einziges Mal und die Bewohner konnte der Legende nach ihre Uhren nach seinem immer pünktlich eingehaltenen Mittagsspaziergang stellen. Er dozierte als Professor für Philosophie an der Albertus Universität Königsberg, der Albertina, und wirkt über das Ende Königsbergs und die 400-jährig andauernde Geistesgeschichte noch gegenwärtig: Die Kaliningrader Universität trägt den Namen Baltische Föderale Immanuel-Kant-Universität. Auch sollte der Kaliningrader Flughafen den Namen des berühmten Philosophen tragen, wurde aber von Zarin Elisabeth verdrängt.
Besucht man das heutige Kaliningrad kann man noch heute durch mehrere Tore der ehemaligen Stadtbefestigung, wie z.B. dem Dona-Turm fahren. Hier und da fallen noch Gebäude aus Königsberger Zeit auf, allerdings wurde die Stadt während der ehem. UdSSR neu errichtet und ist heute teilweise noch eingebunden in die Architektur der Sowjetzeit. Das Haus der Räte, ein schlichter viereckiger Betonbau, steht heute auf Höhe des ehemaligen Königsberger Schlosses und steht exemplarisch für die vielen Zweckbauten in der Stadt.
Kaliningrad ist heute Studentenstadt und Ausbildungsort für die russischen Marine. Man kann durch die vielen Anlagen und Parks flanieren und sich der vielfältigen russischen Küche hingeben. Neben der Pflege der historischen Denkmäler, wie z.B. für Friedrich Schiller und Immanuel Kant und Bauten, wie z.B. dem Südbahnhof oder dem Dom, lohnt sich ein Besuch der Stadt. Im kollektiven Bewusstsein bleibt die Stadt Königsberg wohl in Verbindung mit Kant und dem Klops weiterhin bestehen.
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